Interview mit Dr. Klaus Graf, Geschäftsführer stadtgrenzenlos gGmbH, zur Funktion und Aufgabe der AG Digitalisierung
Es braucht Zeit, bis die digitale Transformation atmet.
Was bedeutet Digitalisierung für soziale Einrichtungen und die soziale Arbeit? Was ist daran so neu?
Klaus Graf: Die Digitalisierung fand bisher in sozialen Einrichtungen eher auf betriebswirtschaftlicher und organisatorischer Ebene statt. Auf der fachlichen Ebene beginnt man jetzt erst, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Wir sind da schon weiter und haben uns vor allem die Primärprozesse der sozialen Arbeit vorgenommen.
Was heißt das?
Klaus Graf: Wir thematisieren die digitale Transformation des Lernprozesses. Digitales Lernen als Bildungschance ist hier das Stichwort. E-Learning ist ein solches Format, in dem wir Angebote für Fachkräfte entwickeln.
Hinzu kommt die Mediatisierung der Leistungsangebote der sozialen Arbeit.
Welche Funktion hat hier die AG Digitalisierung?
Klaus Graf: Um die digitale Transformation voranzutreiben, brauchen wir organisatorische Prozesse, in denen Ideen, Initiativen und Projekte entwickelt, begleitet und moderiert werden. Da ist die AG ein wichtiges Steuerungsinstrument. Dazu gehören auch die Steuerungsgruppe, die Benennung von Medienbeauftragten, aber auch das Angebot von digitalen Fortbildungen für die Mitarbeitenden.
Es geht uns darum, hierarchieunabhängige Strukturen und Prozesse zu installieren, in denen sich Interessierte und technikaffine Menschen beraten und besprechen können.
Wo ist die AG angesiedelt?
Klaus Graf: Die Steuerungsgruppe und die AG sind die Motoren der digitalen Transformation innerhalb der EJG. Die Steuerungsgruppe steuert alle Prozesse von oben, die Medienbeauftragten speisen Inhalte in die Prozesse. Die AG Digitalisierung bringt beide Ebenen zusammen. In den Treffen werden Themen vorgedacht und vorbereitet. Hier ist der Raum für Erfahrungsaustausch. Die AG ist im wahren Sinne des Wortes eine Arbeitsgemeinschaft. Hier treffen die Fachleute aus den Einrichtungen mit ihrem pädagogischen Hintergrund und dem Wissen um die Möglichkeiten in den Einrichtungen auf die Medienpädagogen von stadtgrenzenlos.
Welche Rolle spielt das Team von stadtgrenzenlos dabei?
Klaus Graf: Sie sind die Spezialisten für den Bereich der Medienpädagogik. Sie bringen mit ihren unterschiedlichen beruflichen und biografischen Hintergründen die notwendigen Erfahrungen mit. Sie holen sich neue Anregungen von außerhalb und tragen diese wiederum in die Steuerungsgruppe und AG Digitalisierung.
Unterstützt durch Alexander Hundenborn von der Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW sind sie das beratende und begleitende Team. Sie können unter medienspezifischen Aspekten beurteilen, welche Projekte und Ideen realisierbar sind. Dazu geben Sie im Vorfeld Anregungen, die wiederum von den Mitarbeitenden der Einrichtungen auf Machbarkeit eingeschätzt werden. So bewegen sich beide „Parteien“ in einem permanenten Austausch. Das Ergebnis sind tragfähige digitale Projekte.
Es erscheint aber so, als würde das Thema „digitale Transformation“ recht langsam an Bewegung und Geschwindigkeit gewinnen. Woran liegt das?
Klaus Graf: Der Eindruck mag auf den ersten Blick stimmen. Es braucht Zeit, das Thema Digitalisierung in die Einrichtungen zu tragen. Die Einrichtungen und die Mitarbeitenden sind ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. So gibt es dort auch Menschen, die einem solchen Thema offen gegenüber sind und andere, die eher reserviert reagieren. Alle müssen mitgenommen werden. Es braucht Zeit, bis die digitale Transformation atmet. Aber es ist jetzt schon vieles in Bewegung. Ideen und Projekte, wie die Trickfilm AG, kommen aus den Einrichtungen. Immer mehr Mitarbeitende spüren, welche Potenziale in der digitalen Transformation für sie und ihre Arbeit liegen.