Digital Care: Wie Auffälligkeiten im Medienkonsum kategorisiert und daraus Maßnahmen in der Betreuung abgeleitet werden

Ein Interview mit Diplom-Psychologin Silvia Bonakdarian von der Evangelischen Jugendhilfe Godesheim

Aufgrund der vermehrten Problemstellungen in den Familien durch „nicht adäquates“ Medienverhalten fragen Jugendämter bei Sozialträgern nach entsprechenden Angeboten der Hilfen zur Erziehung.

Zielsetzung ist in diesem Rahmen die Erarbeitung einer Methodik und eines Instrumentes, um den Stand der digitalen Bildung der einzelnen Jugendlichen erfassen und einordnen zu können, sowie Hilfebedarfe und Erziehungsziele daraus ableiten zu können. Unter der Bezeichnung Digital Care wird neben der Diagnostik des Medienverhaltens und der Entwicklung eines Zielbildes auch die Dokumentation, Steuerung und Evaluation über ein digitales Verfahrenstool sichergestellt.

Die Psychologin Silvia Bonakdarian ist eine der Fachkräfte, die das Instrument Digital Care innerhalb eines Projektteams der Evangelischen Jugendhilfe Godesheim und stadtgrenzenlos entwickeln.

Silvia Bonakdarian ist Diplom-Psychologin und arbeitet im psychologischen Dienst der Evangelischen Jugendhilfe Godesheim. Zu ihren Aufgaben gehören: Psychodiagnostik, Psychologische Berichte, Fallorientierte Elternarbeit, Eingangs- und Prozessdiagnostik im Rahmen der systematischen Erziehungs- und Maßnahmenplanung, Psychologische Einzelgespräche, Fallberatung, Beratungsangebot für Kinder, Jugendliche und Mitarbeiter/-innen, Schnittstellenarbeit mit Kinder- und Jugendpsychiatern/-innen, d. h. enger fachlicher Austausch, Übersetzungsleistungen in beide Richtungen und konsiliarische Fallbearbeitung. In ihren Aufgabengebieten bringt sie mehr als 20 Jahre Berufserfahrung mit.

Wir haben Frau Bonakdarian zu Digital Care in einem Interview befragt:

Wofür steht „Digital Care“?

Digital Care gibt den Fachkräften ein pädagogisches Instrument an die Hand, um damit einzuordnen, wo Jugendliche in der Mediennutzung stehen.

Digital Care hat damit das Ziel, einen Maßstab zu erhalten, das beobachtete Medienverhalten einzusortieren. Zielsetzung ist außerdem, Fachkräften eine Orientierung in diesem unklaren, viel diskutierten und „noch unsortierten“ Feld der Mediennutzung und -klassifizierung zu bieten. Dabei geht es nicht um eine Stigmatisierung oder gar darum, die Pathologierate zu erhöhen, sondern darum, Einordnungskriterien und -hilfen zu geben.

Wichtig ist aus meiner Sicht dabei, dass die Einordnungskriterien einer stetigen prozessualen Weiterentwicklung unterliegen, die dadurch sichergestellt wird, dass kontinuierlich Erfahrungen und Rückmeldungen aus dem pädagogischen Alltag wieder mit einfließen und die Kategorisierung dadurch ständig angepasst wird.

Was sind aus Ihrer Sicht die hauptsächlichen Herausforderungen?

Es gibt derzeit noch wenig, an dem man sich als Fachkraft orientieren und „langhangeln“ kann. Das bedeutet, dass wir uns auf die eigene Fachkenntnis und den gesunden Menschenverstand sowie die eigenen Medienerfahrungen verlassen müssen. Dies wiederum erfordert Mut, etwas fachlich Tragfähiges zu entwickeln.

Wie soll Digital Care später eingesetzt werden?

Digital Care soll als ein Teil der Erziehungsplanung, als Mittel der turnusmäßigen pädagogischen Alltagsdiagnostik eingesetzt werden.

Wann läuft Digital Care aus Ihrer Sicht optimal?

Wenn es ein selbstverständlicher Teil unserer Arbeit geworden ist…