E-Learning: die Realisierungsphase – Erfahrungen bei der Erstellung von E-Learning Formaten – Teil 5
Die Umsetzung von E-Learning-Formaten
Wir hatten bisher über die Gründe der Einführung von E-Learning gesprochen. Wir hatten außerdem ausgeführt, dass es für das Gelingen eines E-Learning-Projektes wichtig ist, alle am E-Learning-Projekt Beteiligten frühzeitig einzubinden.
Daneben müssen zu Beginn die Projektziele, aber auch alle technischen und organisatorischen Anforderungen vollständig erfasst werden, bevor es in die Realisierungsphase geht.
Was sollte bei der Realisierung im Vorfeld berücksichtigt werden?
Ein E-Learning muss auf die jeweilige Zielgruppe ausgerichtet und inhaltlich darauf zugeschnitten sein. Darüber hinaus ist zu definieren, mit welchem Thema welches konkrete Lernergebnis vermittelt werden soll.
Die Voraussetzungen für die Erstellung bzw. Aufnahmen müssen ebenfalls im Vorfeld geklärt werden: Skripterstellung, einzusetzende Technik, Trainer oder externer Sprecher, Grafiken und Bilder, interaktive Elemente etc.
Welches E-Learning Format ist geeignet?
Die Wahl des Formats hängt von den Anforderungen sowie von der Komplexität der zu vermittelnden Inhalte ab. Je komplexer der Inhalt und je mehr Austausch bzw. Übungen und Methoden gefragt sind, desto höher ist der Anspruch an das E-Learning-Format.
Ein sogenanntes „Blended“-E-Learning wird z. B. häufig dann eingesetzt, wenn neben Online-Sessions auch analoge Treffen oder analoger Austausch notwendig werden. Theorie ist in den meisten Fällen gut online zu vermitteln. Präsenz-Termine sind sinnvoll z. B. bei Lerninhalten, die das Erlernen von Methoden oder Sozialkompetenzen beinhalten. Beim „Blended“-E-Learning werden Sequenzen über z. B. Online-Lernvideos mit Präsenzterminen kombiniert.
Ein Webinar eignet sich, wenn es um überschaubare Wissensvermittlung und um gleichzeitigen Austausch mit dem Trainer oder der Teilnehmer geht. Über einen Chat (text- oder auch audiobasiert) gibt es die Möglichkeit, sich mit dem Trainer und den Teilnehmern über spezielle Fragen direkt auszutauschen.
Online-Videoformate oder Lernvideos bieten sich an, wenn es um Wissensvermittlung geht, die flexibel über einen längeren Zeitraum zur Verfügung stehen soll. Damit können Teilnehmer selbst entscheiden, wann und in welcher Zeit sie sich Trainingssequenzen ansehen. Bei längeren Videos empfiehlt sich die Einteilung in kurze Lernelemente, somit kann der Teilnehmer sich die einzelnen Lerneinheiten zeitlich flexibel ansehen. Darüber hinaus haben kurze Lernsequenzen den Vorteil, dass sie bei Bedarf wiederholt werden können und sich so besser einprägen.
Was ist bzgl. der Inhalte zu berücksichtigen?
Als Erstes stellt sich die Frage, ob Content intern vorhanden ist, der für den Zweck aufgearbeitet werden kann oder ob Content neu erstellt werden muss.
Für die Gestaltung und den Ablauf des Inhalts sollte ein Konzept, Gerüst oder eine Art Drehbuch erstellt werden. Das Konzept verknüpft die Inhaltskomponenten sinnvoll miteinander, baut eine Storyline mit einem Spannungsbogen auf und definiert einen Abschluss.
Die Inhalte sollten möglichst kurz und prägnant erklärt und nur das aufgeführt werden, was für den Teilnehmer relevant ist. Adjektive und Beschreibungen unterstützen dabei, Inhalte interessant und lebhaft darzustellen. Praxisbeispiele lockern das Ganze auf und verknüpfen Theorie und Anwendung in der Praxis für den Teilnehmer.
Der Sprecher sollte sich stets respektvoll, professionell und freundlich ausdrücken. Bei der Wahl für einen Trainer sollte vorab eine Probeaufnahme gemacht werden, um festzustellen, wie er sich anhört. Ein Trainer kann in einem analogen Seminar durchaus interessant wirken und sich bei der reinen Audio-Darstellung langweilig oder unsicher anhören.
Visualisierung unterstützt
Die parallele visuelle Darstellung zum gesprochenen Inhalt unterstützt das Verständnis des Teilnehmers und ist einprägsamer.
Grafiken bieten die Möglichkeit, Informationen übersichtlich zusammenzufassen. Komplexe Inhalte können mit grafischen Mitteln einfach vermittelt werden. Darüber hinaus macht die visuelle Darstellung parallel zum gesprochenen Text den Inhalt spannender.
Wie lange dürfen E-Learning-Sessions sein?
Eine E-Learning Etappe sollte max. 15 Min. lang sein. Es ist ziemlich anstrengend, die Konzentration länger zu halten. Zwischen den einzelnen Lernschritten haben die Teilnehmer die Möglichkeit, Pausen zu machen oder auch zu einem anderen Zeitpunkt in den nächsten Lernschritt einzusteigen.
Benötige ich Lernstandskontrollen und wann finden diese statt?
Auch wenn Teilnehmer Wissensabfragen nicht gerne mögen, so sind sie doch ein probates Mittel, Wissenslücken aufzudecken und Erlerntes zu wiederholen, um sie möglichst ins Langzeitgedächtnis zu übertragen.
Um dies möglichst auch für den Lernenden handhabbar zu machen, bieten sich kleine Quiz oder Multiple-Choice-Tests nach jeder Einheit an.
Als Abschluss kann ein komplexeres Quiz erfolgen, das das Gesamtwissen abfragt.
Benötige ich eine Zertifizierung?
Ein aussagekräftiges Zertifikat kann Teilnehmer motivieren, am E-Learning teilzunehmen. Die Teilnehmer haben anschließend etwas in der Hand, das dokumentiert, was sie erreicht haben.
Wie sind wir als Sozialträger bei der Implementierung von E-Learning vorgegangen?
Methodentrainings oder Schulungen von Sozialkompetenzen sind als E-Learning aus unserer Sicht wenig geeignet, und wir haben diese Trainings deshalb nicht als E-Learning-Formate aufgenommen.
Bei anderen Themen (z. B. Rechtsthemen) oder Schulungen zu digitalen Medien und IT-Anwendungsthemen überlegten wir uns in Abhängigkeit vom Inhalt, wie das E-Learning aufgebaut werden soll.
Die E-Learning-Formate sind für die Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe sowie Fachkräfte für junge Menschen mit Förderbedarf konzipiert. Themen wie Arbeitsschutz und Datenschutz richten sich als regelmäßige Pflichtschulungen an alle Mitarbeiter des Unternehmens.
Für welche E-Learning-Formate haben wir uns entschieden?
Bei vielen Themen haben wir uns für Online-Videos als E-Learning entschieden, da die Fachkräfte dabei zeitlich flexibel sind und ihre Schulungseinheiten an ihre verfügbaren Zeiten anpassen können. Die Fachkraft kann so selbst entscheiden, wann sie aufnahmefähig und ungestört ist und wie lange sie konzentriert die Einheiten durchgeht.
Bei komplexen Schulungsthemen, in denen auch Rücksprachen oder die Klärung von Fragen notwendig sind, haben wir uns für ein Mischmodell, ein Blended E-Learning entschieden. Dabei haben wir je nach Content noch feste Live-Chat-Termine als Abschluss zum E-Learning eingeplant.
Bei sehr komplexen Ausbildungsthemen über einen langen Zeitraum inkl. Zertifizierung entschieden wir uns für das Rotationsmodell im Blended E-Learning, siehe Link: http://stadtgrenzenlos.de/e-learning-teil-der-digitalen-transformation-sozialer-arbeit-teil-1/
Warum ein gutes Skript vor Erstellung so wichtig ist
Manche Inhalte waren bereits für analoge Trainings erarbeitet und konnten für die E-Learnings angepasst und aufbereitet werden. Andere mussten erst neu konzipiert und erstellt werden.
Anfangs waren einige Trainer und Fachleute, die bisher die analogen Trainings durchführten, überzeugt, ihre Inhalte schnell und gut auf die Aufnahmen für das E-Learning-Format übertragen zu können. Deshalb hatte nicht jeder Trainer ein detailliertes Skript ausgearbeitet. In diesen Fällen rächte sich diese Vorgehensweise schnell: In ersten Probeaufnahmen stellten selbst erfahrene Trainer fest, dass Videoaufnahmen ohne Drehbuch bzw. konkretes Skript nicht die gewünschte Qualität erreichen.
Nach dieser Erfahrung bereiteten sich alle mittels eines Skripts oder Drehbuchs auf die Aufnahmen vor. Aber selbst mit einem gutem Skript wirkte der eine oder andere Trainer etwas „hölzern“ oder zu „eintönig“. Die Trainer registrierten, dass es ein großer Unterschied ist, live die fachlichen Inhalte vor Publikum oder ausschließlich vor einer Kamera zu präsentierten. Deshalb entschieden wir uns bei einigen Themen für Aufnahmen im Dialog bzw. Interview mit einer Fachkraft der sozialen Arbeit. Im Dialog – Trainer mit Fachkraft – wirkte die Aufnahme authentischer und auch unterhaltsamer, weshalb wir dieses Mittel bei E-Learning- Formaten häufiger einsetzten.
Manche Trainer präferierten die Aufnahme ohne Interviewpartner; auch wenn es teilweise mehrerer Wiederholungen bedurfte, bis das Aufnahmeergebnis die gewünschte Qualität erzielte.
In anderen Fällen hatten wir keinen geeigneten Fachmann für das Themengebiet zur Verfügung. In diesen Fällen haben wir das Skript und die Inhalte von Fachexperten schriftlich erstellen lassen und „sprechreif“ aufbereitet. Anschließend wurden die Inhalte an einen Profi-Sprecher zum „Aufsprechen“ gegeben. Wichtig war, dass die Inhalte für den Sprecher wortgenau formuliert und mit dem Hinweis auf die richtige Betonung versehen waren. Da der Sprecher fachlich nicht improvisieren kann, ist eine exzellente Textvorgabe entsprechende Voraussetzung für ein gutes Ergebnis.
Die Visualisierung
Die Visualisierung des gesprochenen Inhalts war uns sehr wichtig, da ein E-Learning damit interessanter gestaltet werden kann.
Neben den gesprochenen Inhalten helfen Grafiken und Bilder, das Thema im Gedächtnis zu behalten, Texte noch zu verstärken und komplexe Inhalte zu vermitteln. Bei Nutzung externer Grafiken, Statistiken oder Schaubildern, sind vorab die Urheberrechte zu klären.
Interaktive Elemente und Lernstandskontrolle
Interaktive Elemente wie z. B. Quizfragen oder auch eine „Gamifizierung“ lockern auf und machen das E-Learning-Formate interessanter. Quizfragen sind einfach und günstig zu integrieren. Der Einbau „gamifizierter“ Inhalte dagegen kann sehr aufwändig werden, weshalb wir uns aus Kostengründen im ersten Schritt dagegen entschieden haben.
Multiple-Choice-Fragen wurden von uns als Lernstandskontrolle eingesetzt und ein Abschlusstest ist Voraussetzung für den Erhalt des Teilnehmer-Zertifikats.
Fazit:
Es empfiehlt sich, viel Zeit in die Vorbereitung sowie die Erstellung der Inhalte, Grafiken und interaktive Elemente sowie in ein ausführliches Skript zu investieren, bevor mit den Aufnahmen gestartet wird. Das spart am Ende deutlich Zeit und Kosten.